Am 23. September 2021 war das Ungarndeutsche Bildungszentrum ein besonderer Veranstaltungsort. Dr. Maria Schwalm übergab der Hauptdirektorin Terézia Szauter das Erbe ihres Vaters, Dr. Paul Schwalm, des Gründungsdirektors des ehemaligen deutschsprachigen Gymnasiums in Baja. Die Originalkassetten, die die Ergebnisse jahrzehntelanger Sammelarbeit der Deutschen in Ungarn bewahren, werden von József Emmert, Leiter der Kulturabteilung im UBZ, katalogisiert und interessierten Schülern, Lehrern und Forschern zur Verfügung gestellt.
Dr. Paul Schwalm wurde am 23. Januar 1918 in Waschkut als Sohn einer ungarndeutschen Familie geboren. Er lernte bei den Zisterziensern und dann studierte er an der Pázmány Péter Universität. Er kämpfte als Militäroffizier im Zweiten Weltkrieg und kehrte 1947 nach der amerikanischen und französischen Gefangenschaft nach Baja als Lehrer im III. Béla Gymnasium Baja zurück. 1956 erhielt er vom Kultusministerium den Auftrag, in der Stadt ein deutsches Gymnasium zu errichten. Er hat eine vielseitige Arbeit als Leiter, Lehrer und Lehrbuchautor geleistet. Nach seiner Pensionierung erhielt er am 5. Februar 1977 mit summa cum laude den Doktortitel.
Ab 1975 sammelte er im ganzen Land die Kulturschätze der Deutschen in Ungarn. Er besuchte mehrere Siedlungen, um die gefundenen Materialien auf einem Tonbandgerät aufzuzeichnen. Er sammelte Lieder, Geschichten, Reime. In seinem Nachlass bewahren 22 Bände die Geschichten, Legenden, Lieder, traurigen und fröhlichen Anekdoten, Bräuche, Aberglauben, Grüße und Sprichwörter der Deutschen in Ungarn. Seine Publikationen haben sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Grenzen große Anerkennung gefunden. Sein Werk wurde von den damaligen Staatsoberhäuptern Árpád Göncz und Richard von Weizsäcker mit dem Kleinen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn und dem Goldenen Grad des Verdienstkreuzes in Deutschland ausgezeichnet.
„Mein Vater hat viel dafür getan, dass ein deutsches Gymnasium in Baja beginnt und bestehen bleibt. Zunächst besuchte er mit dem Fahrrad die umliegenden Dörfer, sprach die Kinder fast einzeln an, überzeugte die Eltern und rekrutierte so Schüler. All dies war in der Zeit nach der schwäbischen Deportation und Verfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg keine leichte Aufgabe. Aber trotz der vielen Schwierigkeiten gab er nicht auf. Leider war mein Vater ein naiver Mann, und wurde von vielen ausgenutzt und beleidigt. Später wurde er zwangspensioniert, war aber auch als Rentner aktiv. Von da an konzentrierte er sich nur noch auf seine Sammeltätigkeit. Unsere Familie entschied, dass sein Vermächtnis an keinem besseren Ort sein könnte als im Ungarndeutschen Bildungszentrum. Man kümmere sich darum, nutze es in der Bildung, stelle es für die Forschung zur Verfügung. Setzen Sie die Arbeit fort, die mein Vater für die Deutschen in Ungarn geleistet hat!“ – sagte Dr. Maria Schwalm gerührt.
Terézia Szauter, Hauptdirektorin vom UBZ, bedankte sich für das Angebot mit großem Respekt und versprach, das von Dr. Paul Schwalm gesammelte Material zu digitalisieren, um es für die Nachwelt zu erhalten. „Wir schätzen das Erbe, das die verschiedenen Dialekte und Volkslieder der Ungarndeutschen bewahrt. Diese Sammlung ist für uns sehr wertvoll, vielen Dank an die Familie!“ – so schloss Terézia Szauter ihre Dankesworte.
Nach der offiziellen Versammlung und der Unterzeichnung des Schenkungsvertrages besichtigte Dr. Maria Schwalm in Begleitung der Hauptdirektorin und József Emmert, Leiter der Kulturabteilung die Gebäude des von ihrem Vater gegründeten deutschsprachigen Gymnasiums, des Ungarndeutschen Bildungszentrums.
Fiedler Antal